Urprünglich veröffentlicht in „Chorzeit“, No. 10 / Nov. 2014
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(Autor: Chris Rowbury)
Ich liebe meinen Job! Ich darf vor einer Gruppe von Sängerinnen und Sängern stehen und wundervolle Harmonien über mich hinwegziehen lassen. Als Chormitglied hingegen erlebt man nie den vollen Soundeffekt, egal wie genau man versucht zuzuhören. Vielleicht ist es an der Zeit, sich auch mal auf die Seite des Publikums zu begeben.
Zu dieser Jahreszeit passiert es häufig, dass Sängerinnen oder Sänger nicht an Proben teilnehmen können, weil das schlechte Wetter ihnen die Stimme verschlagen hat oder weil sich jemand direkt vor dem Konzert ein Bein gebrochen hat.
In solchen Fällen kommen meine Chormitglieder häufig zum ersten Mal dazu, dem Chor einfach nur zuzuhören. Die Reaktionen, die ich darauf bekommen habe, reichten von: «Das war fantastisch, ich wusste nicht, dass wir so gut sind!», über: «Dieses eine Stück, das ich nicht leiden kann, weil die Tenorstimme so langweilig ist, ist ja doch insgesamt ganz gut», bis zu: «Jetzt habe ich erst verstanden, wie die einzelnen Stimmen in dem Stück zusammenpassen».
Wenn Chormitglieder die Wahl haben, wollen sie natürlich lieber im Konzert mitsingen, als zuhören, dennoch kann ich allen nur empfehlen, der Versuchung wenigstens einmal zu widerstehen und sich ein Konzert im Publikum anzuhören. Ihr werdet sehen, dass ihr hinterher eine komplett andere Perspektive habt. Und zum Beispiel folgende Aspekte besser versteht:
- Wie die Stücke musikalisch funktionieren;
- wie gut euer Chor tatsächlich ist;
- worauf das Publikum reagiert und warum;
- warum euer Chorleiter euch immer auffordert zu lächeln;
- was für ein wunderbares Erlebnis live gesungene Harmonien sein können.
Ihr werdet feststellen, dass ihr stolz, erfrischt und begierig danach, noch besser zu werden, in die nächste Probe geht. Eine ähnliche Horizonterweiterung kann es übrigens sein, sich die Konzerte von anderen Chören anzuhören.
Der Autor ist Chorleiter und Komponist
in Suffolk, Großbritannien, und schreibt über den Chorleiteralltag